Die Corona-Pandemie und wochenlange Lockdowns haben die Wirtschaft heftig getroffen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) spricht von einer „epochalen Rezession“ und prognostiziert für 2020 einen Einbruch der Weltwirtschaft um 3 Prozent. Ähnlich die Zahlen für Deutschland: In ihrer Frühjahrsprognose geht die Bundesregierung von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 6,3 Prozent aus.
Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben stark unter der Krise gelitten. „Besonders betroffen waren Gastronomen, Hoteliers, Reisebüros. Aber auch Ärzte, Rechtsanwälte und andere freie Berufe gerieten unter Druck“, sagt Klaus-Heiner Röhl, Senior Economist beim Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW).
Aber: Für 2021 rechnet die Bundesregierung wieder mit einem Zuwachs des BIP um 5,2 Prozent. Und die Krise eröffnet auch neue Möglichkeiten, macht den Weg frei für andere Geschäftsmodelle. Doch wo könnten Zukunftschancen liegen? In welchen Branchen wird die Dynamik des Neustarts wahrscheinlich am größten sein? Und wie könnten kleine und mittlere Unternehmen von den großen Trends profitieren?
Die Trends nach Corona
Das Zukunftsinstitut hat in einer aktuellen Studie die Megatrends der „Post-Corona-Zeit“ benannt. Doch während einige dieser globalen Entwicklungen durch das Virus verstärkt werden, könnten andere an Schwung verlieren. Die Trends zu mehr Sicherheit, Gesundheit und neuen, flexibleren Arbeitsformen etwa dürften durch Corona einen starken Schub bekommen. Umgekehrt hat die Globalisierung mit der Unterbrechung weltweiter Warenströme und Arbeitsteilung einen Dämpfer erlitten. „Lieferketten werden voraussichtlich regionaler und weniger abhängig von einzelnen Lieferanten“, erklärt Röhl. Für lokale Anbieter dürfte das große Chancen bieten – ebenso wie das neue Verständnis von Mobilität: Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden sich Konsumenten wieder stärker im direkten Umfeld orientieren, Regionalisierung wird in den Fokus rücken.
Mit Blick auf KMU sind zwei große Strömungen entscheidend: Kundenfokus und Digitalisierung. Schon vor der Pandemie war eine möglichst individuelle Ausrichtung auf den Kunden ein wichtiger Erfolgstreiber – dieser Trend wurde in der Krise nochmals verstärkt: In den vergangenen Wochen waren Firmen erfolgreich, die neue, möglichst spezifische Wege der Kundenansprache fanden – Restaurants mit Lieferservice etwa oder Anbieter von Onlinekursen.
Der zentrale ökonomische Trend der vergangenen Jahre wurde durch Corona nochmals deutlich verstärkt: die digitale Transformation. Ob Arztpraxis, Einzelhändler oder Handwerker: Wer die professionelle digitale Kundenkommunikation beherrschte und Teile seines Angebots ins Netz verlagerte, hatte während der Lockdown-Wochen Vorteile. Dieser Effekt wird sich verstärken, prophezeit IW-Experte Röhl: „Die Digitalisierung des Betriebs könnte zur Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Neustart nach der Krise werden.“
Dynamische Branchen und neue Geschäftsmodelle
Bereits während der Pandemie zeigte sich, welche Branchen auch in der Post-Corona-Ökonomie eine besondere Dynamik erwarten lassen: Medizintechnik und Gesundheitsanbieter, Onlinehandel und Paketdienste, Lieferservices und Softwareunternehmen. So konnte etwa das Göppinger Unternehmen Teamviewer, das unter anderem Videokonferenzen ermöglicht, im ersten Quartal 2020 ein Auftragsplus von rund 60 Prozent verbuchen.
Doch auch für „klassische“ Betriebe aus anderen Branchen können die großen Trends Chancen eröffnen, ihr Geschäftsmodell innovativ zu erweitern. Beispiel Webshops und Vertrieb im Netz: Hier steckt für lokale Anbieter die Gelegenheit, überregional Kunden anzusprechen. Bereits im Januar rechnete der Handelsverband Deutschland laut einer IW-Studie für 2020 mit einem Umsatz von 63 Milliarden Euro im Onlinehandel. „Diese Zahlen werden vermutlich noch einmal kräftig zulegen“, sagt IW-Fachmann Röhl.
Beispiel Messebauer: Da die meisten Messen abgesagt wurden, digitalisieren viele Anbieter ihre Stände mittels 3D-Scans und 360-Grad-Aufnahmen – und zeigen sie virtuell im Netz.
Beispiel Telemedizin: Die Behandlung durch Ärzte über das Internet boomt seit Ausbruch der Coronavirus-Krankheit.
Das zeigt: Wie in jeder Krise entstehen im Zuge der Corona-Pandemie neue Möglichkeiten. Warum KMU davon in besonderem Maß profitieren könnten, beschreibt das Zukunftsinstitut in einer Studie mit dem Titel „3 Gründe für die Jahrhundertchance des Mittelstands“: In den kommenden Monaten sind traditionelle mittelständische Tugenden gefragt, also Kreativität, Geschwindigkeit, Erfindergeist und besonders Kundennähe. Gut für Betriebe, die nah an den Bedürfnissen ihrer Kunden sind, wie Handwerker, freie Berufe und Dienstleister.
Maßgeschneiderter Service und stärker individualisierte Produkte, oft mit regionalem Bezug, dürften stärker nachgefragt werden. Das wiederum könnte regional verwurzelte KMU begünstigen – wenn sie ihre Kunden mit den richtigen Ideen individuell abholen und die Gelegenheit zur konsequenten Digitalisierung ergreifen. „Wer es schafft, Kundennähe mit digitaler Transformation zu verknüpfen, hat wahrscheinlich große Vorteile“, sagt IW-Experte Röhl.
Knackpunkt Digitalisierung
Dies allerdings ist entscheidend: Der Neustart der KMU steht und fällt mit ihrem digitalen Status – und gerade da gibt es Nachholbedarf. Laut Digitalisierungindex der Telekom liegt der Digitalisierungsgrad im Mittelstand bei 56 von 100 möglichen Punkten. Laut einer KfW-Studie vom Februar 2020 haben 80 Prozent der KMU großen Bedarf an digitalen Grundkompetenzen wie der Bedienung von Standardsoftware. Auch nutzen sie laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) zu wenig internetbasierte Absatzkanäle und reagieren zu spät auf Marktveränderungen. Jetzt heißt es: am Ball bleiben und Chancen nutzen, sich digital neu aufzustellen.
Was also sollten Sie als Unternehmer jetzt tun, um Ihr Potenzial effizient auszuschöpfen?
Drei Schritte können Ihnen helfen, die Trends für sich zu nutzen:
- Finden Sie heraus, was Ihre Kunden wollen und stärken Sie die Kundenbindung durch neue Wege der Ansprache sowie starke Serviceorientierung.
- Gehen Sie die Digitalisierung in Ihrem Betrieb konsequent an. Eine professionelle Website, möglicherweise ein Onlineshop, virtuelle Showrooms oder Beratungsangebote im Netz sind zentrale Voraussetzungen.
- Suchen Sie die Kooperation mit anderen KMU und Start-ups. Das verschafft Ihnen Zugang zu neuen Märkten, baut Digitalkompetenz auf und steigert Ihre Innovationsfähigkeit.